Pressespiegel
Duo MeierMoser & der Huber

Donnerstag, 13. September 2018
Anzeiger von Uster AvU / Zürich Oberländer ZO
Regionalkultur

Vom Mut, sich die Freiheit zu nehmen, ohne Grund verrückt zu werden
USTER Das Duo Meier Moser und der Huber zeigen am Freitag im Central ihren neuen Streich: «Don Quixote». Ein Augenschein der Vorstellung in Zürich machte klar: Die Künstler versetzen sich so sehr in den wahnsinnigen Ritter, dass kein Mundwinkel unten blieb, aber auch nicht alle Instrumente ganz blieben.

Sie haben es wieder getan. Das Duo Meier Moser und der Huber, die eigentlich ein Trio sind und von denen keiner wirklich so heisst, überraschen das Publikum gern mit das Genre vermischenden Neuinterpretationen von Klassischem. Wie schon bei der «Tomatensuppenschleuder» oder bei «Galgenbruders Erben» fühlen die Musiker einem Text mit DadaElementen, Musik und Schauspiel auf neue, teils schräge Art auf den Zahn. Die drei Bühnenkünstler – der Mönchaltorfer Lukas Roth (Huber), der Ustermer Martin Schumacher (Moser) und der Zürcher Christoph Gantert (Meier) – zeigen an diesem Freitag im Ustermer Central ihre neue Produktion «Don Quixote», eine musikalische Entdeckungsreise auf den Spuren des Ritters der traurigen Gestalt.

Ein Landadeliger, der zu viele Ritterromane las
Einen kleinen Vorgeschmack auf die Inszenierung gab es bereits im November letzten Jahrs im Café zum Hut in Uster. Der Besitzer des Cafés hatte die musikalische Ergründung des Romans bei Meier Moser und der Huber in Auftrag gegeben. In diesem ersten Schritt ging es jedoch vorerst einmal nur um die Musik. Nun ist eine szenische Komponente hinzugekommen, bei der Delia Dahinden, die im Central schon einige Stücke auf die Bühne gebracht hat, Regie führte.
Die Geschichte handelt von Don Quijote, einem spanischen Landadeligen, der zu viele Ritterromane gelesen hat und auszieht, um diese selbst zu erleben. Die wilde Vorstellung von Meier Moser und dem Huber passt denn auch gut zu der absurden Geschichte des «Don Quixote», wie sie ihn schreiben. Der selbst ernannte Ritter überredet den armen Bauern Sancho, ihn auf seiner Reise zu begleiten, und dieser bleibt immer treu an seiner Seite. Auch dann, wenn er die Diskrepanz zwischen der Realität und Quixotes Interpretation der Wirklichkeit mit trockenen Kommentaren deutlich macht. Quixote lässt sich davon nicht aus der Ruhe bringen.

Viele Ustermer im Zürcher Theater
Im Frühsommer hat das Trio die Inszenierung bereits in Baden und in Zürich aufgeführt. Ein Augenschein im SogarTheater in Zürich zeigte damals, dass viele bekannte Gesichter aus der Ustermer Kulturszene nicht bis im September warten wollten. Die Stimmung vor der Vorstellung war familiär und ausgelassen.
Der Ritter, der mal von einem, mal von zwei, mal von allen drei Künstlern gleichzeitig verkörpert wurde, wirkte wirr, in seinem Kosmos aber durchaus selbstsicher und zielstrebig. Zudem strahlte er Mut aus, weil er sich die Freiheit nahm, einfach so verrückt zu werden. Ohne Grund. Als der Knappe Sancho, der ebenfalls nicht nur von einem Schauspieler gespielt wird, den Sinn des erbitterten Kampfs gegen die Windmühlen anzweifelte, belehrte ihn Don Quixote: «Du bist wohl in Abenteuern nicht sonderlich bewandert.»
Beim Publikum in Zürich schien die Vorstellung gut anzukommen. Einzelne Zuschauer wischten sich jedenfalls bereits nach fünf Minuten die Lachtränen aus dem Gesicht.

Die Inszenierung schwingt irgendwo zwischen Schelmenroman und Roadmovie. Der gewählte Humor ist ein Tanz zwischen dem Stolz, mit dem Don Quixote seine Reise antritt, und der Narrenhaftigkeit, die seine Taten bei nüchterner Betrachtung ausstrahlen. Der Tanz kippt jedoch nie auf die lächerliche Seite, selbst dann nicht, wenn die Künstler einen Kanon aus blökenden Schafen anstimmen. Der Grund liegt in der Präzision des Spiels. Ein Herumblödeln zwar, aber im richtigen Ton. Auch die Musik aus der Feder von Martin Schumacher spielt bei der ganzen Show eine grosse Rolle. Sie trägt von einer Szenerie zur nächsten und untermalt die jeweilige Stimmung.
Die Künstler singen und musizieren, lesen einen Teil vor, spielen eine kurze Szene, wechseln die Rollen. Das alles in grossem Tempo. Die Instrumente sehen teilweise sehr schräg aus, klingen aber zum Glück richtig. Da ist zum Beispiel ein Schlagzeug, an dem an den Füssen noch Kastagnetten befestigt sind. Die Konstruktion dient zwischendurch als schaukelnder Esel, der beim Ritt so fest wankt, dass auch mal ein Teil abfällt.
Die Schauspieler gaben in Zürich vollen Einsatz. Sie schwitzten Wasserfälle und schunkelten zur Musik auf ihren Holzkisten so heftig, dass die Zuschauer diese bereits vor dem inneren Auge zerbersten sahen. Als die drei und auch ihre Instrumente buchstäblich aus dem letzten Loch pfiffen, erblickte Don Quixote endlich sein Ziel: eine seiner Meinung nach zu rettende Jungfrau.

Deborah von Wartburg


September 2018
Kultur-tipp
BÜHNE

Kopfüber ins Abenteuer
Das Duo MeierMoser & der Huber begibt sich mit dem Musiktheater «Don Quixote» auf einen surrealen Road-Trip. Die Schweizer Tournee beginnt in Baden.

Den Kopf von kitschigen Ritterromanen vernebelt, hat Don Quijote ein Ziel: Er will selbst ein Held werden und seine geliebte Dulcinea beeindrucken. Also steigt er auf seinen klapprigen Gaul Rocinante und stürzt sich ins Abenteuer, treu begleitet von seinem Knappen Sancho Panza auf einem Esel. Es gilt Riesen, Windmühlen oder Hammelherden zu bekämpfen – das Scheitern ist stets vorprogrammiert. Miguel de Cervantes’ lustig- melancholische Parodie auf den Ritterroman ist über 400 Jahre alt, hat aber nichts von ihrem Witz eingebüsst.
Das Trio mit dem Namen «Duo MeierMoser & der Huber » nimmt sich im neuen Stück dem «Ritter von der traurigen Gestalt» an. Christoph Gantert und Lukas Roth begleiten Don Quijote und Sancho Panza bei ihren haarsträubenden Abenteuern zwischen Wahn und Wirklichkeit, Martin Schumacher kreiert die passende Musik dazu. Die absurden Gespräche zwischen den beiden Antihelden wechseln sich ab mit Liedern über die ironischen Lobgedichte aus dem Prolog des Romans. Das Stück geht nach der Premiere in Baden auf Schweizer Tournee.

Babina Cathomen


Freitag, 3. November 2017
Zürich Oberländer ZO/ Anzeiger von Uster AvU
Bezirk Uster

Don Quixotes Soundtrack aus dem «Hut»
USTER Das Ustermer Kulturcafé zum Hut hat die Gruppe «Duo MeierMoser & der Huber» beauftragt, die Geschichte von «Don Quixote» musikalisch zu ergründen. Mit dem literarischen Konzert will der «Hut»-Besitzer Stephan Häsler einen Hauch Paris nach Uster bringen.

Heute Abend lebt die Geschichte von «Don Quixote» im Café zum Hut in Uster musikalisch neu auf. Das Duo MeierMoser & der Huber interpretiert den Roman musikalisch. Den Kompositionsauftrag hat das Café zum Hut selbst gegeben, was untypisch ist. «Wir sind selbstständig und müssen niemanden um Erlaubnis fragen, deshalb machen wir das einfach», erklärt Stephan Häsler, Besitzer des Cafés.
Die Idee zum aktuellen Auftrag sei Häsler in Toledo gekommen. Denn dort ist der Don Quixote-Autor Miguel de Cervantes Anfang des 17. Jahrhunderts zu dem epochalen Roman inspiriert worden. «Quixote» mit X ist übrigens die alte Schreibweise des Romantitels. «Ich liebe dieses Buch einfach», sagt Häsler. «Denn Don Quixote und sein Knappe Sancho sind das süsseste Paar der Weltgeschichte.» Die beiden nähmen sich genau so, wie sie sind.
Don Quixote ist ein verarmter Adliger, der zu viele Ritterromane gelesen hat und nun denkt, er sei selbst ein Ritter. Er zieht mit seinem Knappen Sancho los. Unterwegs leidet er unter Wahnvorstellungen. Sancho spiegelt Don Quixote seinen Irrsinn zwar, ist ihm aber ein treuer Begleiter und verteidigt ihn gegen Angreifer. Auch wenn Don Quixote eine traurige Gestalt ist – Er ist alt, hässlich und gut reden kann er auch nicht – sei die Geschichte eine lustige, sagt Häsler. «Mir gefällt die Art, wie die beiden unterwegs sind», sagt der Ustermer. «Ziellos und voller Fantasie.»

Melodie in Gedichten finden
Viele Leute würden heute nicht mehr das ganze Buch lesen, wenn sie es überhaupt in die Hand nehmen. Die musikalische Interpretation des Trios könne einen Eindruck der Stimmung geben. «Unsere Idee ist es, Literatur in verschiedenen Formen geniessbar zu machen», sagt Häsler. Sein grosses Vorbild sind die Pariser Literaturcafés mit ihren Kulturpreisen. Das Duo MeierMoser & Huber hat er ausgewählt, weil er die Gruppe um Martin Schumacher bereits kennt und schätzt. «Ich wusste einfach, dass sie das können.» Er lasse die Musiker draufloskomponieren und sich selbst nachher überraschen.

«Ich lese singend»
«Ich lese das Buch und versuche die Stimmung mit Instrumenten aufzunehmen», erklärt der Ustermer Schumacher sein Vorgehen. Die Musik ist ein bisschen wie ein Soundtrack zu dem Buch. Er selbst spielt verschiedene Klarinetten. Lukas Roth aus Mönchaltorf sei am Baritonsax, spiele die singende Säge und Ukulele. Komplettiert wird die Gruppe durch den Zürcher Christoph Gantert (Trompete, Tenorhorn und kleine Handorgel). Alle drei machen zudem Gesangsperkussion. Neben der Stimmung des Buches nimmt sich Schumacher auch den Gedichten an, die darin vorkommen. «Ich lese sie so lange singend, bis ich die Melodie darin finde.»
Am Freitag und Samstagabend gibt das Trio die musikalische Interpretation im Hut zum Besten. Die Konzerte sind auch eine Art Vorpremiere auf die  Produktion «Don Quixote», die nächsten Sommer in verschiedenen Theatern stattfinden wird. Dafür wird die komponierte Musik in eine Inszenierung eingebettet. Gemeinsam mit einer Regisseurin verwandelt das Trio die Musik und das Buch in ein Theaterstück. Dieses könne dann natürlich nicht mehr im «Hut» stattfinden, sagt Häsler. Das würde sowohl finanziell als auch platzmässig den Rahmen sprengen. Unter anderem finden die Vorführungen im «sogar Theater» in Zürich, im «ThiK» in Baden und in Mönchaltorf statt. Bei der musikalischen Vorpremiere im «Hut» gibt es typisch spanisches Essen. «Viel Geschmortes mit Zwiebeln. Ausserdem den klassisch-spanischen Ochsenschwanz», sagt Häsler.
Sich selbst sieht Häsler weder in der Figur des Don Quixote noch in der des Sancho. «Wenn schon bin ich einer der Wirte, die in dem Buch vorkommen», sagt Häsler lachend. Das Buch habe seiner Meinung nach zwar kein klassisches Happy End aber auch kein deprimierendes, auch wenn Quijote am Ende stirbt. «Er ist ein alter Mann, der sich noch einmal aufbäumt und sein letztes Abenteuer erlebt.»

Deborah von Wartburg


Dienstag, 4. April 2017
Zürich Oberländer ZO / Anzeiger von Uster AvU
Regionalkultur

Tomatensuppe als Manifest der Freiheit
USTER Unter dem Titel «Die Tomatensuppenschleuder» legte das Duo MeierMoser & der Huber am vergangenen Wochenende im Central in Uster eine hinreissende musikalisch-theatrale Abklärung auf den Spuren von Dada vor.

Wenn das Duo MeierMoser & der Huber ihre «Tomatensuppenschleuder» in Betrieb setzen, dann erhält jeglicher Sinn Freigang, und Nonsense ist angesagt. Zum 100. Geburtstag der  antibürgerlichen Kunstbewegung im Cabaret Voltaire in Zürich haben sich die drei eine genial anarchische Bühnenperformance ausgedacht, die erreicht, was die Gründerväter Hugo Ball und andere einst beabsichtigten. Nämlich inhaltlich das Nichts und nichts weniger als künstlerische Freiheit ausserhalb von Schubladen wie Musik oder Theater. Der Abend ist eine «Abklärung auf den Spuren von Dada» und klärt das Publikum über die Möglichkeiten freien Denkens und Fühlens auf. Der lange Applaus im voll besetzten Theater zeigte, dass sich das Publikum gerne auf die Spuren von Dada gemacht hatte.

Umwerfende Improvisation
Nur schon mit dem Auftakt der drei Schauspieler, deren Köpfe in Pappröhren steckten, bekam Dada sein Fett weg, denn Dada veräppelte selbst nichts lieber als «bürgerliche» Kunst. Die Hommage an Hugo Balls legendären Auftritt im Cabaret Voltaire, mit grotesker Pappröhre auf dem Kopf, gab den Tarif durch: Hier werden historische Leichen gefleddert, Auftakte vermasselt und in Abgänge gestolpert. So machten sich die drei nach Befreiung ihrer Kopfbedeckung über das Arsenal ihrer Instrumente her. Die Musik (Martin Schumacher) mäandert zwischen so ziemlich allen Musikstilen und macht selbst vor Grössen wie Arnold Schönberg nicht halt, dessen Prinzipien der freien musikalischen Improvisation mit Tomatensuppe wiederbelebt wurde. Es galt, eine Konservenbüchse zu knacken dafür, denn auch der Künstler Andy Warhol war mit seinen frechen Bildern einer Suppenbüchse irgendwie ein Kind von Dada. Dramatisches Finale der bühnenwirksam verschleuderten Tomatensuppe: Eine umwerfende Klangimprovisation nach Suppenklecksen auf Notenpapier. Das Orchester: Blech, Plastic und Blockflöten, die über Luftmatratzen-Pumpen zu ganz eigenen Klängen belüftet wurden. Dazwischen A-capella-Gesänge oder Klänge irgendwo zwischen Klezmer und Klassik, deren Stil in keine Tüte passt.

Surreale Atmosphäre
Der Abend lebte von der intimen Verbindung der Musik und mit den launig dargebotenen Texten durch die drei Herren, die in bürgerlich dunklen Anzügen auftraten (Kostüm: Natalie Péclard) und ihre Bärte auch mal zu Perücken werden liessen. Während des Abends übten Karpfen im Fitnessfimmel den Spagat oder sanken tief im Suff. Ein Karpfenmädel liess sich treiben – und ward nicht mehr gesehen. Überhaupt spielte der Karpfen eine Hauptrolle, so er denn gegen die Strömung der Tomatensuppe anschwimmen konnte. Ein Krapfen, welcher Karpfen werden wollte, wird allerdings von einer Forelle gefressen. Melancholisch dagegen der Franz, der traurige Planet, der stets zu spät aufsteht. Die Texte von Hugo Ramnek (s. Kasten) entfalteten mit ihren Wortspielereien und Klangmalereien eine ganz surreale Atmosphäre, die dem Publikum viel Freiraum für eigene Assoziationen liess. Der Abend verlief – wer hätte es gedacht – ohne traditionelle Akte oder Szenen. Dennoch entstand ein stimmiger szenischer Bogen, der von Regisseurin Delia Dahinden subtil über den Abend gespannt wurde. Im meisterhaft geführten Bühnenlicht (Antje Brückner) lebte der Geist von Dada auf: ein Publikumsschreck mit Drang zu absoluter Freiheit und gleichzeitig ein Nichts, in dem eigene Gedanken ihre ganz verschlungenen Wege suchen konnten.

Erinnerung an DADA – «Womit erschreckt man heute die Leute?»
«Für uns ist es ein Heimspiel», schmunzelt Lukas Roth im Gespräch nach der Aufführung. Uster ist für zwei von den drei dauernd oder zeitweilig Wohnort. «Vor Ustermer Publikum zu spielen, ist wunderbar», sagt er. Dadaismus ist eine Bewegung, die sich vor 101 Jahren gegen das Establishment und seine Konventionen gerichtet hat, so der Schauspieler. Das Trio habe sich überlegt, wie es die Erinnerung an die Zürcher Bewegung im Cabaret Voltaire wachhalten könnte. «Wir wollten keine bekannten Texte rezitieren, denn das wäre museal gewesen», so Roth. Und Dada war so ziemlich das völlige Gegenteil von museal, findet er. «Womit erschreckt man die Leute heute?», hätten sie überlegt. Mit künstlerischer Freiheit – seien sie sich einig gewesen. Darum haben sie auch die Texte des Dichters Hugo Ramnek, 1960 geborener Kärntner, inzwischen Schriftsteller und Lehrer am Liceo Artistico in Zürich, genommen. «Dessen schräge Kippverse haben wir für die Bühne umgesetzt», so Roth. Seine Lieblingsszene? «Ein Karpfen, welcher sehr beleibt», sagt er. Die intensive Interaktion der Akteure auf der Bühne mag er. Am liebsten hat er die Momente, in denen nichts passiert. Hier kann sich das Publikum alle Freiheit nehmen. «Es erhält Raum, seine eigenen Gedanken zu machen», so Roth.

Christina Peege


19.05.2014
Züritipp

Hugo ohne Ball
Dada, neu entfacht und neu gedacht: ein literarisch-musikalisches Cabaret.

Dada und kein Ende. Rundum und überall. Umso lobesamer, dass sich das Duo MeierMoser & der Huber, bestehend aus den Polymusikern Christoph Gantert, Martin Schumacher sowie Lukas Roth, nicht damit begnügt, Dada aufzuwärmen, zu rezyklieren, zu reloaden. Oh nein, das famose Triumvirat schickt sich an, Dada nicht gerade neu zu erfinden, aber zumindest die kecke Frage zu stellen: Dada heute? Entsprechend werden in „Die Tomatensuppenschleuder“ nicht die verblichenen Grossen jener Tage, wie etwas Hugo Ball, zi-, rezi- und kolportiert, sondern Martin Schumachers skurril-versponnene Vertonungen von hintersinnigen Gedichten des noch sehr lebendigen Kärtner Schriftstellers Hugo Ramnek, der seit Jahren in Zürich lebt.
Dass dabei so ziemlich sämtliche Instrumente zum Zug, Zupf, Blas und Schlag kommen, die man sich vorstellen kann, weiss man seit der erfolgreichen Morgenstern-Hommage des vielseitigen Trios. Dass dabei aber auch aberwitzige Kompositionsmethoden zum Einsatz kommen, verrät Martin Schumacher nur widerwillig und nur, wenn der „Züritipp“ es nicht weitersagt. Deshalb muss hier an die Imagination der Leserschaft appelliert werden: Tomatensuppenspritzer auf weissen Notenblättern – wie sieht das aus? Genau! Instant-Komposition à la Jackson Pollock unter dem Motto „Tomato con spirito“!

Bruno Rauch


Donnerstag, 20. November 2014
Zürich Oberländer ZO / Anzeiger von Uster AvU
Regionalkultur

Zwischen Witz und Tiefsinn
Zürich/Uster Das Trio MeierMoser & der Huber kombiniert Konzertantes mit Theater und Tiefsinn Mit Irrsinn – und ist dabei witzig.

Dürfen Schauspieler ohne Vorankündigung oder Schlussakkord ihr Stück beenden und den Zuschauer ohne irgendeinen Halt stehen lassen? Das zumindest geschah bei der Aufführung des Stücks «Galgenbruders Erben» in Zürich und so wird es morgen Freitag wohl auch in Uster wieder geschehen: Das Duo MeierMoser mit den zwei Oberländer Musikern Martin Schumacher und Lukas Roth verliess mitten im Stück einfach die Bühne. Sie bliesen in ihre Instrumente und sangen «Das Mondschaf» von Christian Morgenstern haltlos und monoton ins Nichts hinaus.
Dann folgte Stille und der Zuschauer blieb verwirrt zurück. Um sich dann zu fragen: Was bedeutet Leere? Was ist überhaupt ein Schluss? Was ist ein Stück? Was bedeutet Ende und was Stille? Wo hört der Humor auf und wo fängt die Philosophie an?

Aphoristische Wortspiele
Der deutsche Dichter Christian Morgenstern, welcher vor 100 Jahren gestorben ist, hat die Tiefe eines guten Witzes erkannt. Seine «Galgenlieder» sind von einem Humor, welcher nicht einfach witzig ist, sondern den Leser auch zum Grübeln bringt – aphoristische Wortspiele, die in Kürze einen Raum aufmachen, der über das rein Gesagte hinausweist. Diese Kunst wird bei den Philosophen Friedrich Nietzsche, Georg Christoph Rosenberg und Ludwig Wittgenstein auf die Spitze getrieben.
Im von Martin Schumacher zu einem musikalischen Theater vertonten Stück tauchten solche Denkanstösse immer wieder auf. Etwa wenn einer der drei Künstler den Schriftsteller zitierte: «Die Welt ist ohne Salz, lasst uns nach Salz gehen», und der andere die unsinnige Aussage mit der Frage pointierte: «Und wenn es Pfeffer wäre?»
Ähnliches bewirkte die Geschichte über die Parallelen, welche sich endlos lange nicht schneiden wollten und plötzlich realisierten, was für eine wahnsinnige Existenz sie doch führten: «Doch als sie zehn Lichtjahre gewandert neben sich hin, da wards dem einsamen Paare nicht irdisch mehr zu Sinn, warn sie noch Parallelen?, sie wussten es selber nicht, sie flossen nur wie zwei Seelen, zusammen durch ewiges Licht.»
Das Duo MeierMoser – ergänzt mit dem Huber, Christoph Gantert – und die Regisseurin Delia Dahinden konzentrierten sich aber nur am Rand auf Philosophie. Sie fokussierten auf den wunderbaren Unsinn der Gedichte und übertrugen die Wortspiele gekonnt in eine ganz eigene Situationskomik. Da hält einer einen hochwissenschaftlichen Vortrag über die Definition des «Mondschafs», während die anderen beiden mit Marktgeschrei und quietschenden Tönen dazwischen fahren.

Professionelle Musiker
Manchmal zerriss einen als geneigter Zuhörer und Zuschauer dieser Humor fast. Etwa wenn alle drei Darsteller im völligen Irrsinn auf ihren Instrumenten herumklimpern: Ein viel zu grosser Martin Schumacher beugte sich über sein Zwergenklavier, Lukas Roth wandte ihm den Rücken zu und zupfte kurz vor seinem Gefühlsausbruch über die Saiten seiner Ukulele und Christoph Gantert kreischte mit dem Schlegel irgendwo zwischen Autismus und Wahnsinn über das Hi-Hat.
In allem Chaos geriet aber weder das Stück noch die Musik aus den Fugen. Das Trio sang mit einem warmen Ton und spielte seine Instrumente präzis. Ob singende Säge, Maultrommel, Toy Piano oder Megafon – die Musiker zogen alle Register. Die schauspielerische Umsetzung wirkte natürlich und nie aufgesetzt. Die Pointen sassen und waren nie peinlich. Das Publikum wippte mit dem Kopf zum Takt, andere sangen lauthals mit. «Galgenbruders Erben» sei sowohl dem Grübler wie auch dem Humoristen empfohlen.

Lukas Elser


Dienstag 23. September 2014
Andelfinger Zeitung
Rheinau: Kultur Finten präsentierte Galgenbruders Erben

Klamauk um Galgenlieder
Das Duo «MeierMoser & der Huber» entführte sein Publikum mit einem theatral-musikalischen Tauchgang in die Welt von Christian Morgenstern.

Gewagt, aber gut. So liesse sich der Auftritt des Duos «MeierMoser & der Huber» alias Galgenbruders Erben in der Klosterscheune Rheinau beschreiben. Organisiert wurde der Anlass von der Kulturgruppe Finten.
Die meist laut daherkommende archaisch-sinnliche Mischung von Theater, Dialog und Musik lotet den wunderbaren freien Raum zwischen Unsinn und Tiefsinn aus. Dabei dienen neue Vertonungen ausgewählter Galgenlieder des Poeten Christian Morgenstern als zentrales Element.

Sammelsurium alter Instrumente
Schon die diversen alten Instrumente auf der Bühne der Scheune mit kahlem Gemäuer und einer Leiter mit 21 Sprossen, die auf die Heudiele führt, versprach etwas Besonderes: Und was die Galgenvögel den Zuhörern servierten, war tatsächlich aussergewöhnlich. Die drei unterschiedlichen Charakterköpfe in grauen Flamellanzügen eroberten das Publikum mit ihren Limericks, Musikeinlagen und schauspielerischen Gags im Nu. Der oft sonore Ton der Instrumente wechselte ab mit witzigen Blödeleien.
Das Publikum wunderte sich, was für Töne eine grosse Säge mit Geigenbogen hergeben kann – so klang sie mal schauerlich, dann wie ein langgezogener Ruf eines Uhus im Wald. Dem Galgen kam man auf die Spur, als ein Mörder verurteilt wurde – dargestellt mit furiosem Schlagzeugeinsatz. Der Zuhörer fand sich handkehrum in einem böhmischen Dorf wieder – dargestellt mit Tuba-, Klarinetten-, und Saxofoneinsätzen leicht sentimentaler Art. Liebliche Klänge gab es immer wieder mit dem Örgeli und der Ukulele.

Vielfältige Kurzszenen
Unglaublich vielfältig waren die etwa zwei Dutzend Kurzszenen, die mit griffigen Dialogen zu den Worthülsen Weltanschauung, Liebe oder Sphinx für Philosophen bereichert wurden – begleitet von den Instrumenten. Gebärden und Mimik der Schauspieler – immer angepasst an die jeweilige Szene – waren meisterlich und herausfordernd.
Alles in allem boten Galgenbruders Erben ihrem Publikum einen vergnüglichen Abend. Der herzliche Applaus, den das Publikum dem Trio spendete, war mehr als verdient.

Barbara Flacher


Donnerstag, 24.04.2014
WOZ – Die Wochenzeitung
KULTOUR Musiktheater

Heller Morgenstern
Christian Morgenstern, der vor hundert Jahren starb, wünschte sich Anerkennung für seine ernsten Werke, aber sein Ruhm gründet allein auf den «Galgenliedern» und weiteren humoristischen Zyklen wie «Palmström»: Die tiefsinnigen und formal unwiderstehlichen Nonsensgedichte sind Fixsterne im Kanon der deutschsprachigen Literatur – und sie rufen geradezu nach musikalischer und theatraler Umsetzung. Das Duo MeierMoser & der Huber haben sich diese nun mit «Galgenbruders Erben» auf kongeniale Weise vorgenommen. Den Multiperformern ist vom Toy-Piano über die Singende Säge bis zu Tuba, Maultrommel und Bassklarinette jedes Instrument recht, um Morgensterns Verse, die immer noch Gross und Klein begeistern, frisch zu beleuchten.
Martin Schumacher, von dem die Kompositionen stammen, gibt als Moser auf der Bühne einen meist genervten halbseidenen Künstler, Lukas Roth als der Huber dafür den unbeirrbar gut gelaunten Unterhalter, während Christoph Gantert als stets geschundener Meier besonders tief in die Abgründe von Text und Welt blicken lässt. Unvergesslich ist etwa die Interpretation von «Die zwei Parallelen» oder «Der Steinochs», urkomisch ist die ganze Revue.

Jürg Fischer


Publikumsreaktionen zu „Galgenbruders Erben“

„Ich habe gestern einen wunderbaren Abend mit Galgenbruders Erben verbracht, habe geschmunzelt, gelacht, mitrezitiert, innerlich getanzt, gestaunt, bewundert, manchmal mit Meier Erbarmen gehabt… Welch gelungener Abend!“ (zur Premiere im sogar theater, März 2014)

„Ihre Schau mit der konzisen Textauswahl, den witzigen Songmelodien, den originellen Arrangements, den überraschendene Regieeinfällen und vor allem der Präsenz der drei Agierenden hat mich von der ersten Minute bis zur Lismi-Zugabe gepackt. Ganz herzlichen Dank!“ (zur Premiere im sogar theater, März 2014)

„Woher habt Ihr diesen wunderbaren Humor? Wie kommt es, dass Ihr so fantastisch rezitiert, schauspielert, zu Eurem musikalischen Spiel noch dazu? Und, fragt sich die Germanistin, wie könnt Ihr den Morgenstern so zum Leben erwecken?“ (zur Premiere im sogar theater, März 2014)

„Hat uns sehr gefallen! Gekonnt! Lustig! Ernst! Komisch! Rhythmisch! Schrill! Besonnen! Mitreißend! Danke.“ (zur Premiere im sogar theater, März 2014)

Ich habe heute mit meiner Klasse gesprochen. Sie waren begeistert von Galgenbruders Erben. Sie haben durch das Stück einen neuen Zugang zu Gedichten gefunden, scheint mir. (Ich mache gerade Lyrik mit ihnen und versuche eine neue, unverstaubte Sichtweise darauf zu vermitteln.) Der subtile Einsatz von Musik, der den Worten nicht im Wege stand, sondern sie erst recht zum Blühen brachte, die lakonische Komik der Figuren, insgesamt der hintersinnige, fast hätte ich geschrieben, hinterhältige Humor, verkleideter Tiefsinn sozusagen, der auch seine berührenden Momente hat – all das hat meine Klasse gepackt. Und den Lehrer auch. (Zürich, Kochareal, September 2014)

Einen Riesen Dank für einen total wunderbar liebevollen und lustig verspielten Theaterabend auf höchstem Niveau. Euer Spiel letzten Freitag war mir auf allen Ebenen (die ich erfassen konnte) purer Genuss. (Basel, Das Atelier, November 2014)


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